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Hypertrophie: alles über Muskelwachstum durch Training
Vielleicht hast du schon einmal den Begriff "Hypertrophie" im Zusammenhang mit Krafttraining gehört. Kein Wunder, denn im Grunde ist das wahrscheinlich genau das, wofür du beim Krafttraining ins Schwitzen kommst. Neugierig, was Hypertrophie genau bedeutet, wie Muskelwachstum funktioniert und wie du am besten für Hypertrophie trainieren kannst? Dann bist du auf der richtigen Seite gelandet, lies schnell weiter.
Was ist Hypertrophie?
Hypertrophie bedeutet wörtlich übersetzt "übermäßige Ernährung" oder "verdickt". Dies kann in verschiedenen Geweben und Organen deines Körpers stattfinden, aber in Verbindung mit Training meinen wir mit Hypertrophie das Muskelaufbau.
Obwohl Hypertrophie, besonders wenn du mit dem Training beginnst, natürlicherweise mit einer Zunahme der Muskelkraft einhergeht, ist das primäre Ziel größere Muskeln: eine Zunahme der Muskelmasse. Muskelkraft und Muskelwachstum sind miteinander verwandt, aber nicht dasselbe. Das Training für Hypertrophie erfordert daher einen anderen Ansatz als das Training für Muskelkraft.
Der Unterschied zwischen myofibrillärer und sarkoplasmatischer Hypertrophie
Technisch gesehen gibt es zwei Formen der Hypertrophie: sarkoplasmatisch und myofibrillär. Erstere können wir als eine vorübergehende Form der Hypertrophie betrachten, letztere als die primäre und funktionelle Form der Hypertrophie, auf die wir uns in diesem Artikel konzentrieren. Die größten Unterschiede im Überblick:
Myofibrilläre Hypertrophie
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Sakoplasmatische Hypertrophie |
Die Muskelzunahme erfolgt durch die Vergrößerung der Myofibrillen (Proteinketten, die die Kontraktion des Muskelgewebes ermöglichen), wodurch die Muskelfaser dicker wird |
Die Muskelzunahme erfolgt durch eine erhöhte Speicherung von Glykogen und Wasser in den Muskeln, was zu einer Schwellung führt |
Zunahme der Muskelkraft |
Keine Zunahme der Muskelkraft |
Nachhaltig: Kein sofort sichtbarer Unterschied, wenn du vorübergehend mit dem Training aufhörst |
Nicht nachhaltig: Innerhalb kurzer Zeit sichtbarer Unterschied, wenn du vorübergehend mit dem Training aufhörst |
Eher ausgelöst durch Training mit schwerem Widerstand und längeren Pausen (wie Powerlifter) |
Eher ausgelöst durch Training mit mittelschwerem Widerstand und kürzeren Pausen (wie Bodybuilder) |
Hypertrophie versus Hyperplasie
Muskelhypertrophie und Muskelhyperplasie haben beide mit Muskelwachstum zu tun, beziehen sich aber jeweils auf die Art und Weise, wie dies geschieht.
Bei der Hypertrophie wächst jede einzelne Muskelfaser im Durchmesser, wodurch deine Muskeln an Umfang zunehmen. Bei der Hyperplasie behalten die einzelnen Muskelfasern die gleiche Größe bei, aber deine Muskeln nehmen an Umfang zu, weil die Anzahl der Muskelfasern im Muskel durch eine hohe Zellteilung zunimmt.
Wie Muskeln wachsen: Die Prinzipien hinter der Hypertrophie
Es gibt drei Faktoren, die dafür sorgen, dass der Prozess der Hypertrophie in Gang gesetzt wird. (1)
1. Mechanische Spannung
Mit mechanischer Spannung meinen wir die Spannung, die in deinen Muskeln entsteht, wenn du sie unter Belastung dehnst oder anspannst. Mit anderen Worten: Mechanische Spannung erzeugst du, indem du deine Muskeln mit schweren Gewichten arbeiten lässt. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Muskelwachstums.
Mechanische Spannung umfasst die Gesamtzeit, in der ein Muskel unter Spannung steht, und wie hoch diese Spannung ist. Mit der Zeit gewöhnen sich deine Muskeln an einen bestimmten Reiz, wenn dieser unverändert bleibt.
Um die Hypertrophie weiterhin zu stimulieren, muss daher immer eine progressive Überlastung (progressive overload) angewendet werden, zum Beispiel durch Erhöhung des Gewichts, Vergrößerung der Wiederholungszahl oder Erhöhung der Zeit unter Spannung.
2. Metabolischer Stress
Was du während eines Trainings als "Pump" und als Übersäuerung empfindest, ist im Grunde die Ansammlung von Abfallstoffen im Muskel, die entsteht, wenn du eine höhere Anzahl von Wiederholungen (Reps) einer Übung ausführst. Dies nennen wir metabolischen Stress. Obwohl metabolischer Stress kein wesentlicher Bestandteil des Muskelwachstums zu sein scheint, deuten verschiedene Studien darauf hin, dass er durchaus einen hypertrophischen Effekt auf deine Muskeln haben kann.
3. Muskelschäden
Dies sind die Schäden, die du deinen Muskeln zufügst, wenn du sie infolge von Prinzip 1 und 2 mit schweren Gewichten überlastest, wodurch kleine Risse in deinen Muskelfasern entstehen. Besonders exzentrische Bewegungen, bei denen Sehne und Muskel unter Spannung in der Länge zunehmen, verursachen viele Muskelschäden.
Muskelwachstum entsteht, wenn dein Körper diese Muskelschäden repariert und dabei dafür sorgt, dass du beim nächsten Mal dieser neuen Belastung - und etwas mehr - standhalten kannst.
4. Art der Übung (1,3)
- Verschiedene Muskeln reagieren auf verschiedene Reize, nimm daher eine Vielfalt an Muskelübungen in deine Routine auf.
- Kombiniere dabei Compound-Übungen mit Isolationsübungen; besonders die letztere Gruppe solltest du für Muskelwachstum nicht übersehen.
- Für den Aufbau von Muskelmasse ist es wichtig, die Übungen auf einem stabilen Untergrund auszuführen, damit du optimale Kraft aufwenden kannst – lass die weichen Bänke und Plyoboxen also lieber weg.
- Hypertrophie erfordert ein gutes Gleichgewicht zwischen einer möglichst hohen Spannung und gleichzeitig einer möglichst kurzen Erholungszeit. Aus diesem Grund sind Übungen mit Maschinen und Kabeln gute Optionen, wenn es um den Aufbau von Muskelmasse geht.
5. Ruhepause (1,4)
- Eine mittlere Länge der Ruhepause zwischen den Sätzen (von 60-90 Sekunden) ist der Gewinner, wenn es um Hypertrophie geht.
6. Muskelversagen (1,5,6)
- Trainierst du bis zum Muskelversagen (also "to failure")? Dies ist der Punkt in einem Satz, an dem deine Muskeln die Belastung nicht mehr bewältigen können und du die Übung nicht mehr (korrekt) ausführen kannst, und lange Zeit wurde angenommen, dass dies für maximale Hypertrophie notwendig ist.
- Die Wissenschaft ist sich jedoch noch nicht 100% einig, ob Muskelversagen nun wesentlich ist oder nicht. Zur Sicherheit empfehlen wir, etwa 30% der Sätze bis zum Muskelversagen auszuführen und den Rest gerade eben nicht.
Schritt 2: Ernährung
Man denkt oft, dass Muskeln im Fitnessstudio gemacht werden, aber das stimmt nicht ganz: Erst zu Hause, während der Ruhe, baut dein Körper Muskeln auf. Eine Voraussetzung: Dein Körper braucht dafür die richtigen Baustoffe. Die bekanntesten und wichtigsten davon sind Proteine.
Für einen optimalen Muskelaufbau ist es ratsam, täglich 1,6 bis 2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu essen. Das ist eine beträchtliche Menge, daher kann es sehr hilfreich sein, deinen Proteinvorrat täglich mit Protein aus hochwertigen Proteinshakes zu ergänzen.
Weiterlesen: Was solltest du für Muskelaufbau essen?
Schritt 3: Erholung
Neben Training und Ernährung ist auch die Erholungszeit, die du deinem Körper gönnst, entscheidend für die Hypertrophie. Jeden Tag im Fitnessstudio zu schuften ist nicht das, was dir größere Muskeln verschafft – im Gegenteil.
Nach dem notwendigen Stimulus (von maximal einer Stunde Training) ist es mindestens genauso wichtig, dass du den trainierten Muskelgruppen ausreichend Ruhezeit gibst, damit sie sich erholen und aufbauen können. Für Hypertrophie kannst du von 48 bis 72 Stunden Erholungszeit ausgehen.
Verschiedene Trainingsmethoden für Hypertrophie
Krafttraining ist die Grundlage für Muskelwachstum, aber wusstest du, dass es verschiedene Trainingsmethoden gibt, die deine Hypertrophie auf unterschiedliche Weise stimulieren? Neben dem klassischen Krafttraining mit Sätzen von 8-12 Wiederholungen gibt es Methoden, die deinem Training das gewisse Extra verleihen können.
Eine beliebte Technik ist das German Volume Training (GVT), bei dem du 10 Sätze mit jeweils 10 Wiederholungen mit einem mittleren Gewicht ausführst. Dieses hohe Volumen sorgt für extreme Muskelspannung und erheblichen metabolischen Stress, was zu schnellem Muskelwachstum führen kann.
Eine andere Methode ist das Blood Flow Restriction Training (BFR), bei dem du leichte Gewichte verwendest, während du den Blutfluss zum Muskel teilweise einschränkst. Dies kann helfen, selbst mit geringem Widerstand eine hypertrophische Reaktion zu erzielen.
Darüber hinaus gibt es funktionelles Krafttraining, wie explosive Übungen und Compound-Bewegungen, die nicht nur das Muskelwachstum fördern, sondern auch deine allgemeine Kraft und Koordination verbessern. Es ist wichtig, mit verschiedenen Methoden zu experimentieren und herauszufinden, was am besten zu deinem Körper und deinen Zielen passt.
Der Einfluss von Hormonen auf das Muskelwachstum
Bei Hypertrophie denken wir oft nur an Training und Ernährung, aber wusstest du, dass deine Hormone eine große Rolle beim Muskelaufbau spielen? Vor allem Testosteron und Wachstumshormon sind wichtige Akteure, wenn es um Muskelwachstum geht.
Testosteron stimuliert die Proteinsynthese und hilft deinen Muskeln, sich schneller zu erholen und zu wachsen. Wachstumshormon trägt zur Zellregeneration und Muskelerholung bei, was nach einem intensiven Krafttraining unerlässlich ist.
Dein Körper produziert diese Hormone natürlich, aber es gibt einige Dinge, die du tun kannst, um ihre Produktion zu optimieren. Ausreichend Schlaf ist zum Beispiel entscheidend, da Wachstumshormon hauptsächlich nachts freigesetzt wird. Außerdem können Stress und schlechte Ernährung deinen Testosteronspiegel negativ beeinflussen.
Indem du gesund isst, gut schläfst und regelmäßig trainierst, sorgst du dafür, dass deine hormonelle Balance für das Muskelwachstum optimal bleibt.
Quellenangabe
(1) Schoenfeld, B.J. (2010). The Mechanisms of Muscle Hypertrophy and Their Application to Resistance Training.
(2) Wilk, M., Zajac. A. & Tufano, J.J. (2021). The Influence of Movement Tempo During Resistance Training on Muscular Strength and Hypertrophy Responses: A Review.
(3) Hernández-Belmonte, A. et al. (2023). Free-Weight and Machine-Based Training Are Equally Effective on Strength and Hypertrophy: Challenging a Traditional Myth.
(4) Grgic, J. et al (2017). The effects of short versus long inter-set rest intervals in resistance training on measures of muscle hypertrophy: A systematic review.
(5) Refalo, M.C. et al. (2022). Influence of Resistance Training Proximity-to-Failure on Skeletal Muscle Hypertrophy: A Systematic Review with Meta-analysis.
(6) Robinson, Z.P. et al. (2023). Exploring the Dose-Response Relationship Between Estimated Resistance Training Proximity to Failure, Strength Gain, and Muscle Hypertrophy.